Die Karriere der Ginger´s
Ginger T. Streibig absolvierte an der staatlichen Ballettschule Berlin ihr Examen als Bühnentänzerin in den Fachbereichen Klassisches Ballett, Pas de deux, Folklore, Modern Dance und Jazzdance.
Durch viele Engagements u.a. in Cottbus (Stadttheater), Dresden (Staatsoperette) Berlin (Erich-Weinert-Ensemble & Staatliches Tanzensemble) profilierte sich ihr tänzerisches Können bis zur Solotänzerin und Tanzartistin. Als Tanzartistin mit eigenem Programm "Die GINGERS" bereiste sie den Globus; u.a. Australien, Europa & Asien.
Weiterhin absolvierte sie eine Ausbildung als Tanzpädagogin und ist Mitglied im "Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik e.V.".
1995 eröffnete sie die Ballettschule Ginger in Horb a.N.
Die Karriere der zauberhaften Ginger's
Sie waren das Aushängeschild der DDR und tanzten im Bolschoi in
Moskau - Ginger und Michael Streibig im Porträt
HORB. Gäbe es die DDR noch, stünden sie vermutlich immer noch auf der Bühne und würden auf Einladung des Staatsrats am Tag der Republik am 7. Oktober im Palast der Republik chaplinesken Slapstick geben und das Jahr über durch die brandenburgische Provinz tingeln. Ginger und Michael Streibig zählten in den 70er, und 80er Jahren zu den besten professionellen Tanzpaaren der DDR. Acht Jahre lang gehörten sie der Auswahl des Tanzensembles der DDR an. Sie reisten um die Welt, waren dabei, als Walter Ulbricht bei einem Empfang für Leonid Breschnew versehentlich skandierte: "Es lebe der Kapitalismus!" Später, im Kapitalismus, schlugen sie sich als freie Künstler durch. Seit 1995 leben sie in Horb und betreiben die Ballettschule Ginger.
Sie heißt wirklich Ginger - nach der wunderbaren US- Tänzerin und Schauspielerin Ginger Rogers (1911-1995), in zehn Filmen Partnerin von Fred Astaire: Ihre Eltern waren Tanzartisten, und sie tanzten nach dem Krieg durch Europa, hatten hier ein Engagement und dort. 1946 kam Ginger zur Welt - in München. Die Eltern gaben der Tochter neben dem angelsächsischen Vornamen eine russische Tatjana mit, für alle Fälle, und acht Jahre später, nach einem Gastspiel in der DDR blieb die Familie in Leipzig. Michaels Vater war Regisseur am Theater in Cottbus; andere blicken auf eine Familientradition als Handwerker oder Akademiker zurück, die Streibigs waren schon immer Künstler - bis ins 15. Jahrhundert hinein, als sie als Gaukler auf Jahrmärkten auftraten.
Beide wurden früh in die Ballettschule geschickt, Ginger auf die staatliche Ballettschule in Berlin, Michael auf die Fachhochschule in Leipzig, außerdem verbrachte er seinen Dienst bei der Nationalen Volksarmee, am Erich-Weinert-Ensemble Dort lernten sie sich 1969 kennen, heirateten ein Jahr später. Das Ensemble verfügte über einen weltberühmten Chor, ein Orchester, ein Kabarett, eine eigene Big Band. "In der Partei waren wir nie", sagt Ginger, "Wir sind überall durch Leistung reingekommen. " Gerade aber sie - "Ich mit meiner großen Klappe" - stand immer wieder kurz vor dem Rauswurf." Alle vier Wochen kam einer von der Firma Horch & Kuck - der Staatssicherheit - und testete die Streibigs zwei Tage lang in einer Mischung aus Fortbildung in Sozialismus und Verhör. Aber Streibigs waren Künstler, und sie waren gut, so gut, dass sie 1976, nach Engagements unter anderem an der Staatsoper in Dresden, es in die Auswahl des Tanzensembles der DDR in Berlin schafften. Sie traten am wichtigsten Theater in Ostberlin, der Komischen Oper auf und am Bolschoi-Theater in Moskau. Natürlich schauten sie auch Westfernsehen, aber doch vor allem, wenn Chris Howland in der Sendung "Musik aus Studio B" das Hamburger Fernsehballett präsentierte. Das Tanz-Ehepaar Streibig repräsentierte die DDR, so wie es auch die Sportler taten, und also belohnte sie der Staat mit Leistungszulage - 100 Mark extra - und Reisefreiheit. Ehepaare durften eigentlich nicht zusammen auf Auslandstournee. ,,Aber sie hatten ja unsere Kinder als Pfand."
Und so tanzten sie in Ägypten und auf Zypern, in Algerien, Indien, Pakistan und in einem Amphitheater in Burma, "wo man beim Tanzen den Mund nicht aufmachen durfte, weil einem ständig Insekten reingeflogen sind". Die Stasi blieb wachsam. Immer wieder interessierten sich Männer in Zivil bei den Nachbarn im Mietshaus für die Gepflogenheiten der Streibigs, ihre politische Gesinnung .
Streibigs aber waren erfolgreich, so erfolgreich, dass sie sich sogar Die Ginger's nennen durften. Acht Jahre blieben sie am DDR-Tanzensemble. Ginger: "Berlin war die Endstation für Künstler, mehr ging nicht." Streibigs machten sich selbstständig, traten als Freiberufler auf. Michael: "Das ging auch in der DDR. Aber es war sehr schwierig." Die finanzielle Unterstützung entfiel, die Behörde zog die Pässe ein. Nach einem Auftritt in Leipzig standen am anderen Morgen zwei Stasi-Männer vor der Tür. Die beiden redeten Klartext:
Streibigs seien an einem bestimmten Tag in Leipzig gesehen worden. "Wir haben Beweise, die Sie mit dem Mordfall Cindy in Leipzig in Zusammenhang bringen." Sollten sich Streibigs zu einer Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit entscheiden, würden der Verdacht nicht weiterverfolgt. Michael: "Ich bin ein penibler Mensch, meine Buchhaltung ist tiptop. Ich konnte den Herren nachweisen, dass ich an dem Tag nicht in Leipzig gewesen bin; ich hatte in Berlin in einem Möbelhaus eine Schrankwand gekauft. Ich hatte noch den Kassenzettel mit Datum." Der Mordfall Cindy - der Tod eines Mädchens - war zu dem Zeitpunkt seit zwei Jahren aufgeklärt. Als Freiberufler machten sie nach 1989 weiter - es war eine herbe Zeit. Sie reisten 1992 sechs Wochen durch Australien, bekamen 1994 ein Engagement auf dem "Traumschiff“ und einige Kreuzfahrt-Auftritte mehr. Doch das Geschäft war zu unsicher geworden. Also eröffneten sie 1995 in Horb die Ballettschule Ginger. Michael jobbte anfangs als Fahrer bei BoFrost. Inzwischen läuft der Laden, Michael gibt Step-Unterricht und kümmert sich um die Technik. Und Ginger? Ist lebensfroh wie eh. "Ich fühl mich sauwohl in Horb."
Johannes Klomfaß